
Mustapha hat an diesem Tag ein langes helles Gewand an. So wie es viele Sansibaris traditionellerweise tragen. Ein ungewöhnlicher Anblick. Mustapha, dessen Dreadlocks beinahe bis zum Hintern reichen, trägt sonst eher bunt. Gern rot, grün und gelb. Die Farben der Rastafaris. Doch heute ist eine der heiligsten Tage im Islam. Das große Opferfest. In Gedenken daran, dass Abraham in seiner Gottvertrautheit seinen Sohn opfern wollte, Gott aber im letzten Moment das Kind durch ein Lamm ersetzte, feiert die moslemische Gemeinde einmal im Jahr weltweit diesen Tag. Auch Mustapha. „Ich feiere Weihnachten, das moslemische Opferfest. Ich feiere alles, wenn es etwas zu feiern gibt“, sagt er lächelnd.
Mustapha’s Welt kennt keine Grenzen. „One people, one world, one love“ steht in großen Lettern an einer Wand des Restaurants in seiner Unterkunft. Überall hängen Bilder von Bob Marley, auch die Rede von Martin Luther King „I have a dream“ ist im Wortlaut zu lesen. Den ganzen Tag kommt Reggae Musik aus den Boxen. Viele Mitarbeiter tragen Dreadlocks. Vor 25 Jahren gründete der 48-jährige Sansibari mit Weggefährten diesen Platz, Mustapha’s Place.
Auf der Insel kennt beinahe jeder diese Unterkunft in Bjewuu, an der südöstlichen Küste. „Ja uns gibt es schon lange“, sagt Mustapha. Es ist ein ungewöhnlicher Ort, der mit viel Liebe in Schuss gehalten wird. Der tropische Garten ist beeindruckend. Alle helfen mit, wenn es ums Säubern oder Gießen geht. Auch Mustapha steht oft im Garten und hält den Schlauch.
„Es gibt keinen Boss hier“, sagt Mustapha. „Wir sind alle gleich, können alle voneinander lernen. Es ist wie beim Radrennen. Immer geht ein anderer an die Spitze, wir sind eine Community“, sagt Mustapha. Eine, die zu Beginn der 90-er Jahre mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. „Wir hatten jeden Tag die Polizei hier. Es gab einige, die eingesperrt wurden und denen man die Dreadlocks abschnitt. Oft mussten wir unsere Haare unter der Kofia, eine traditionelle Kopfbedeckung, verstecken. Sie dachten bei uns geht es nur um Drogen.“ Das Gegenteil ist der Fall. Die Rastafari-Bewegung entstand in den 30-Jahren und wurde nach dem äthiopischen Kaiser Haile Selassie benannt, dessen Prinzenname Lija Ras Täfärí Mäkonnen lautete und der 1930 gekrönt wurde.
Er gilt den Rastafaris als Messias und göttlicher Führer. Er soll der in der Bibel als „Löwe von Juda“ bezeichnete Erlöser sein, manche sehen ihn als Gott an, als „Jah“ wie er bei den Rastafaris genannt wird. Die äthiopischen Landesfarben rot, grün, gelb sind deshalb auch in Mustapha’s Place überall zu sehen. Sie stehen für das Blut der Märtyrer (rot), den Reichtum Afrikas (gelb) und die Vegetation Äthiopiens (grün).
Mit Freizeitjunkies hat das nicht viel zu tun. Viele der Rastafaris lehnen Alkohol ab, auch essen sie kein Fleisch. Marihuana wird dagegen als natürliches Hilfsmittel angesehen, um zu meditieren oder zum Nachdenken zu kommen. „Jeder macht das wie er will“, findet Mustapha. Es gebe auch Moslems, die Alkohol trinken würden, sagt er. Die Menschen seien unterschiedlich, so auch bei den Rastas, für die Afrika eine besondere Rolle spielt. Die Rückkehr dorthin gilt als eine der Säulen für Anhänger der Bewegung. Auch für Mustapha. Dem Pool in dem kleinen Bungalow-Dorf hat er die Form des afrikanischen Kontinents gegeben. Er kennt aber auch die andere Welt. Zehn Jahre hatte er zwischenzeitlich in England gelebt, in Birmingham und Bristol. Er erlebte dort die europäische Kultur hautnah, ihre Vorurteile, ihre Mechanismen. „Es gibt viel Angst dort, aber Angst ist kein guter Ratgeber“, glaubt er. „Wer weiß schon, was morgen ist? Du kannst sterben, einen Unfall leben. Du musst heute leben, ich denke nicht an morgen“, so sein Credo.
Seine Sehnsucht nach Afrika trieb ihn zurück nach Sansibar, die Sehnsucht nach seiner kleinen Oase in Bwejuu, wo es ihm vor allem um zwei Dinge geht: Respekt und Freiheit. Worte, die immer wieder fallen, wenn man sich mit Mustapha unterhält. Er liebt es, dass er einen Ort geschaffen hat, wo sich Menschen unterschiedlichster Couleur, Überzeugung und Herkunft treffen. Sein „Place“ birgt eine ganz besondere Stimmung. Kinder hat Mustapha nicht, auch verheiratet war er nie. „Vielleicht mache ich den Frauen Angst“, sagt er. Er hat allerdings noch die Hoffnung, vielleicht doch noch eine Frau zu finden, die ihm ein Kind schenkt. „We will see“, sagt er. Er lacht und im Hintergrund erklingt Bob Marley’s Stimme. „One Love, one heart. Let’s get together and feel all right“, hört man. Und die Beine wippen automatisch mit.
Ein toller Bericht!!
Vielen Dank, dass ihr uns teilhaben lasst an euren Erlebnissen!
oh wie schön, danke! ich habe die musik immer noch im ohr… umarmung
Oh, gibt’s ein Foto von dem Pool?
leider haben wir vergessen, den Pool längsseit aufzunehmen. Ich habe es aber auch erst gemerkt, als es mir Mustapha gesagt hatte… schön, dass du so den Blog verfolgst! Grüße
wie interessant, daß Mustapha vor einem Hexagramm steht und Bob Marley zu hören ist!!Mystische Momente! Wir genießen eure Berichte und sind damit dann auch ein wenig in der faszinierenden fremden Welt und schon beginnt eine eigene Träumerei …….
hallo Mounir,
klingt alles höchst spannend und verlockend.
Genießt jeden Moment!
Beste Grüße, carlo
Hallo Carlo, danke für deine lieben Grüße! Es ist komisch, wie schnell man hier in eine andere
Welt eintaucht, wie viele Fragen man hat und wie oft die Antworten unbefridiegend sind.
Aber wir beide merken wie wichtig es ist, diese Fragen zu stellen, zu sehen, wie andernorts gelebt wird.
Die Eindrücke sind unbeschreiblich. Schönheit, unfassbare Armut, Freude, Verzweiflung, Misstrauen, Gastfreundschaft stehen hier ganz normal nebeneinander.
Schön, dass du ein wenig verfolgst, was wir so erleben. Das spornt an und tut gut.
Ich hoffe, dass es dir und deiner Familie gut geht.
Auch von Nina ganz liebe Grüße.
Würde mich freuen, ab und an von dir zu hören.
Grüß mir den kicker.
Mounir
Hallo Ihr zwei,
Wollte nur sagen, dass die Oldies(Luggi und ich) eifrig dem Blog folgen!
Danke, dass wir mitreisen dürfen!
Take care!
Claudia
xxxx
feine sache: carlo versorgt uns mit leckeren tomaten und du mit greifbaren eindrücken aus einer spannenden welt. welch service! lasst weiterhin auch den verstand tanzen – ach ja: tatarata! hoch die tassen, alles gute zum wiegenfest. haut rein.
hey marcus, bester kicker-mann, danke für deine Wünsche! frage mich gerade, o Carlo tatsächlich seine Gartentomaten herausgerückt hat… das wäre natürlich eine Sache…Ja, gefeiert haben wir sehr schön am Südzipfel der Insel. Freu mich sehr, dass du so ein treuer Leser bist… das ist ansporn pur…:-)
Ich schicke liebste Grüße nach München/Nürnberg.
Mounir
Alles Liebe zum Geburtstag!
Ein spannendes, aufregendes und anregendes Jahr wünschen
Claudia Luggi Lisette und Jonathan
Danke und dicken Knutscher an alle Helmers und Hartmanns… 🙂
Schön, dass ihr mit uns reist… Wir hoffen, dass es euch allen gut geht! bis bald
Hallo Mounir,
habe bisher jeden Beitrag mit einer schönen Mischung aus Staunen, Freude und Fernweh gelesen – schön, dass es Euch gut geht! Dir alles Gute zum Geburtstag und Euch beiden weiter viel Spaß, Abenteuerlust und Erholung!
Beste Grüße aus München
Patrick
Sehr spannender Artikel, lieber Mounir, ich frage mich nur wo da Jamaika bleibt, sind da die Rastafaris alle hin ausgewandert, haben die dort nicht die gleichen drei Farben oder ist das dort nur eine Parallelkultur, deren Musik auch den Sanzibarern gefällt?
ach und Geburtstag hast heute auch noch:
Alles liebe und gute zu Deinem Geburtstag, lieber Mounir!
Andreas
PS Haus ist endlich vermietet und wir starten am 26.9 nach Bali 🙂
Ihr Lieben wir freuen uns sooooo mit euch, dass es endlich geklappt hat mit einem Mieter. Es geht loooooos!!!!! Hoffe wir sehen uns bald!
Dieser Mustapha ist auf Anhieb symphatisch und scheint bereits eine dieser Begegnungen zu sein, die Euch daran erinnern werden, dass es auf der ganzen Welt Seelenverwandte gibt und man somit rund um die Kugel ein zu Hause findet. Happy Birthday natürlich auch noch, auch wenn verspätet, da im Moment ziemliches Vollprogramm bei uns läuft. Wir fiebern aber weiterhin mit Euch und erinnern uns an unsere ersten Tage nach dem Absprung vom Sprungbrett. Enjoy to the max und freuen uns auf jeden Blog-Eintrag. (Mounir, bin gerade an einem Thriller, der in der Fussballwelt angesiedelt ist; wenn er gut ist, geb ich Dir den Titel gerne weiter.) Seid ganz fest umarmt von uns.