Der Wind trägt dumpfe Salsa-Klänge von der benachbarten Bar Parque heran, die in der gleichen Bucht die einheimischen Party-Gänger anzieht, wo sie aber meist eh nur das Delirium suchen. Das klare Wasser plätschert langsam gegen die Stelzen des Hauses, die in diesem Inselarchipel meist die Wohnhäuser tragen. Von der Terrasse des Barrbra-Guesthouses ist der weiße Sand des 50 Zentimeter tiefen Meeres trotz der Dunkelheit dank einer Lampe, die unterhalb des Terrassenbodens befestigt ist, gut zu erkennen. Hunderte von Mini-Fischen ziehen in Schwärmen umher, auch einige größere Exemplare suchen augenscheinlich nach Nahrung. Wassertaxi-Boote mit roten und grünen Fahrlichtern brausen durch die warme Nacht, die es trotz des erfrischenden Windes auf 26 Grad schafft. Auf einer Schaukel sitzend genieße ich die dunkle karibische Idylle, die aber erst am Tag ihre ganze Pracht entfaltet.

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Das Barrbra-Guesthouse by night.

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Blick von der Terrasse aufs Meer.

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Platz zum Chillen bei Marco.

Die Bilder könnten kaum schöner sein. Bocas del Toro, diese wilde Insel vor der Karibiküste Panamas hat zusammen mit ihren Brüdern und Schwestern des Archipels landschaftlich alles zu bieten, was das Genießer-Auge von Reisenden sucht. Traumhafte Strände, pittoreske bunte Häuserfassaden, tropischer Dschungel, beachtliche Korallenwelt, Delfine soweit das Auge reicht, lebendige Rumbars, mutige Surfer.

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Strand bei den Cayos Zapatillas, Nachbarinsel von Bocas.

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Türkis, blau, grün oder: einfach schön.

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Blick vom Ausflugsboot.

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Yes, he pennt.

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Das Inselarchipel rund um Bocas del Toro.

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Seestern auf Grund!

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Happy Nina.

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Buena Vista, klasse Mexikaner in Bocas.

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Bunt isses in Panama.

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Häuserfront in Bocas.

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Buddha meets Surferbeach.

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Und wir gucken auch zu.

 

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Fahrradfahren macht glücklich.

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Surferstrand auf der Hauptinsel.

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Wettrennen verloren.

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Gestresst geht anders.

Und doch wirkt dieses Panama so ganz anders als der Nachbar Costa Rica. Es mag mit den Menschen hier zusammenhängen, die nicht so einladend schauen, deren Gesichtszüge nicht so einfach zu entschlüsseln sind, die scheinbar mit ein paar mehr Problemen zu kämpfen haben als der westliche Nachbar.

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Eines der vielen abgerockten Wohnhäuser in Bocas del Toro.

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Trostloses Ambiente.

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Müllabladestation vor dem eigenen Haus.

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Haus auf Stelzen.

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Gleich um die Ecke unseres Guesthouses.

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Panamese auf Fahrrad.

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Panamesin auf Fahrrad.

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Ich sach mal: propper.

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Schlange vor dem einzigen Bankautomaten der Insel.

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Der Weg zu unserem Guesthouse.

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Achtung Vorfahrt.

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Mounir beim Bartschneider.

Selbst in einem Touristenort wie Bocas ist bereits in den Nebenstraßen des Zentrums große Armut zu sehen. Touristen ziehen da Aufmerksamkeit auf sich. Natürlich. Das, was einer von ihnen an einem Tag im Urlaub ausgibt, reicht einer ganzen Familie hier für einen Monat. Das kann verleiten. Die Polizeipräsenz ist deshalb beachtlich. Die, die zuviel haben, sollen vor denen, die zu wenig haben, beschützt werden. Also wir, die hier nur Fremde sind, vorübergehend zu Gast, brauchen Schutz vor denen, die hier wohnen? Fühlt sich komisch an. Beim Spaziergang vergehen keine fünf Minuten, ohne dass man die Gesetzeshüter sieht. Gut oder schlecht? Was wäre, wenn sie nicht da wären?

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Policia überall.

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Nina, eingekreist von der Polizei.

Auf der Nachhbarinsel Bastimentos wurde wenige Wochen zuvor eine junge US-Amerikanerin brutal am hellichten Tage ermordet. Seitdem ist sogar das FBI vor Ort, um den Mord aufzuklären. Gewalt ist immer noch ein großes Thema in Panama. Selbst der Karneval, den wir hier wie andernorts im Land beobachten wirkt eher wild und aggressiv als laut und fröhlich. Als wir mit einem jungen Panamesen sprechen, fragt sogleich ein Polizist, ob alles in Ordnung sei.

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Wilde Teufelsfiguren zum Karneval.

Auf der Insel soll und darf nichts mehr passieren, das ist klar. Auch Marco, der Besitzer unseres Guesthouses, hat uns vor einem Ausflug nach Bastimentos gewarnt. Er habe nur üble Erfahrungen dort gemacht, wie er erzählt.
Als wir Marco treffen sind wir auf der Suche nach einer Unterkunft. Beim Betreten seines Barrbra-Guesthouse sind wir nicht nur von seinem liebevollen Interieur begeistert, sondern vor allem von der Energie im Haus und von Marco. Vielleicht kennt ihr das Gefühl, wenn man jemandem gegenübersteht, der tagtäglich genau das macht, was er zu 100 Prozent liebt. Es ist besonders. Marco strahlt eine positive Energie aus, die einen einnimmt. Er liebt sein Guesthouse, er liebt sein Leben und er liebt die Menschen. Und das merkt man. Die Zubereitung des Frühstücks, die Gespräche mit den Gästen, Tipps für Aktivitäten – einfach alles tut er mit Hingabe und Herz.

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Marco (Zweiter von links) inmitten seiner Gäste.

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Und ich frage mich: Wenn schon ein einzelner solcher Menschen für ein derartig warmes Gefühl in dir sorgt, wie wäre es dann, wenn man sich nur noch mit solchen Menschen umgeben würde? Dabei ist Marco einen schweren Weg gegangen. Wir sitzen beim Frühstück, als sich mit ihm eine derart tiefgreifende Konversation entspinnt, dass Nina und ich zu Tränen gerührt sind. Marco erzählt, wie er vor zwei Jahren in Montreal alles aufgab inklusive seines hoch dotierten Jobs bei einer großen Hotelkette als Manager mehrerer Gastronomiebetriebe. Er wollte “endlich leben”, wie er sagt. Er habe so viele Jahre seines Lebens verschenkt, dass er es nicht eilig genug hatte, endlich “sein Leben” zu führen.  Ein eigenes, kein fremdbestimmtes mehr. Jahrelang litt er, lehnte das Leben in der geführten Form ab, fand aber keinen Ausweg. Er mochte sich nicht, sein Leben nicht, dachte viele Jahre nichts Gutes. Bis er all seinen Mut zusammennahm und nach Panama auswanderte. “Es war der billigste Flug, ich kannte Panama nicht, Bocas nicht.”

Sein Ziel, sein Wunsch: Ein Guesthouse, um endlich all das leben zu können, was ihn auszeichnete. Kein “vielleicht später” mehr,  sondern nur noch volle Pulle “ich”. Und das bedeutet bei ihm Hospitalität, Geschmack, Kochkunst, Herzenswärme, Sensibilität, Gemeinschaftssinn. Er investierte sein letztes Geld, hatte zur Eröffnung des Hauses nur noch 300 Dollar über. Das Ergebnis: Nach nur einem Jahr (!) läuft sein Haus sensationell. Quasi fully booked. Die Bewertungen auf Tripadvisor hervorragend. Das Risiko hat sich gelohnt und ist einmal mehr Beweis dafür, was möglich ist, wenn man das tut, was man liebt. Marco ist endlich glücklich und verdient auch noch Geld dabei.

Sein Guesthouse ist ein Kleinod, das aber nur der zu schätzen weiß, der Sinn für Herzlichkeit hat. Als ein Gast mal anfing, sich nur noch zu beschweren, da sagte Marco zu ihm: „Hier nehmen Sie ihr Geld, solche Energie möchte ich hier nicht. Dann habe ich lieber gar keine Gäste. Dafür ist mir meine Kraft und Zeit zu schade.” Und gab dem Gast sein Geld zurück inklusive des Betrages für die bereits geschlafene Nacht. Recht hatte er. Geld wiegt Ärger nicht auf.

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Mounir, Marco, Barrbra und Nina.

Als wir gehen, gehen wir als Freunde. Manchmal reichen drei Tage dafür. Wir nehmen den Flieger von Bocas nach Panama City, wo wir nach nur einer Übernachtung bereits unsere Segeltour nach Kolumbien antreten wollen. Panama ist Großstadt pur, wir erledigen unsere letzten Einkäufe, besorgen uns vor allem reichlich Tabletten gegen Seekrankheit, die wir noch dringendst benötigen sollten. Welches Abenteuer auf uns wartet, ist uns in Panama-Stadt noch in keinster Weise bewusst. Doch davon mehr beim nächsten Mal.

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Unser Flieger nach Panama City.

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Wartende Schiffe vor dem Panama-Kanal.

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Blick auf Nina und die Skyline von Panama-City.

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Hola! Drei chicas in Panama-Stadt.

 

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