
Es ist Mittag. Der Strand von Bwejuu ist beinahe menschenleer. Nur ein paar Touristen sind in der Ferne erkennbar, wie sie zum Nachbarort Paje laufen. Selbst die Beachboys machen sich um diese Uhrzeit rar.
Dafür ist auf dem Watt umso mehr los. Die Ebbe hat das Meer weit, weit zurückgezogen. Zeit für zwei Dutzend Frauen, um sich um ihre Gärten zu kümmern. Die Region ist bekannt für die Zucht von Seegras. Insgesamt 25 000 Menschen arbeiten in Sansibar als Seegras-Farmer. 90 Prozent von ihnen sind Frauen. Im Seaweed-Center von Paje erklärt Guide Ahmed: „Die Zucht braucht Geduld. Man muss die Pflanzen pflegen, muss sich intensiv um sie kümmern. Die Männer auf Sansibar sind dafür nicht gemacht, sie brauchen das schnelle Geld, um die Familien zu ernähren.“
Was Ahmed nichtsagt: Wahrscheinlich ist ihnen die Arbeit auch einfach zu anstrengend. Die Frauen, alle in den traditionellen bunten Kangas gekleidet, stehen, knien oder sitzen bei Ebbe den ganzen Tag in sengender Hitze auf dem Watt. Ohne den Wind, der hier in Sansibar ständig an der Küste weht, wäre die Arbeit kaum auszuhalten.
Die Frauen setzen Pflöcke in den Sand, spannen Seile und befestigen kleine Seegraspflanzen daran. Nach zwei, drei Wochen sind sie derart gewachsen, dass die Hälfte geerntet werden kann, der Rest bleibt hängen, um abermals nach einigen Wochen gekürzt zu werden. Das geerntete Gras wird dann ins Dorf getragen, wo es trocknet und weiterverkauft wird. Es wird zu Pulver weiterverarbeitet oder auch im Ganzen exportiert. Hauptabnehmländer sind China, Korea oder Japan, wo man kosmetische Produkte daraus fertigt. In China gilt getrocknetes Seegras aber auch als Delikatesse.
Reich wird man mit der Arbeit nicht, auch wenn Sansibar mittlerweile acht Millionen Dollar Umsatz damit macht. Das Kilo Seegras kostet mittlerweile nur noch 300 tansanische Schilling. Das sind etwa 18 US-Cents. Vor einiger Zeit gab es noch das Dreifache dafür. Man muss also schon ein paar Kilo ernten, um auf den tansanischen Mindestlohn von 140 000 Schilling zu kommen.
Die Frauen, die in Paje im Seegras-Zentrum arbeiten, haben es da besser. Seit 2011 gibt es das Zentrum, das fast in Eigenregie kosmetische Produkte wie Seifen oder Öle herstellt. Allein, um das getrocknete Seegras zu Pulver zu verarbeiten, muss eine Firma im Norden der Insel beauftragt werden. Doch auch das soll sich bald ändern.
In dem Produktionsraum sitzen an diesem Tag fünf Frauen. Die Arbeitsaufteilung wird jeden Tag geändert, damit keine Eintönigkeit aufkommt. Einige gehen aufs Watt ernten, die anderen sitzen hier.
Eine Frau verarbeitet das Pulver zu einer Lauge, eine andere verstaut die Seifen im Kühlraum, woanders werden sie schließlich verpackt. Seife made in Sansibar, sogar online bestellbar, wie Ahmed stolz betont.
Allerdings: Es sind derzeit nur elf Frauen angestellt. Die vielen anderen in Bwejuu und Paje müssen sich dem Preisdiktat der Abnehmer beugen. Und die mussten zuletzt wegen der Konkurrenz aus Asien die Preise nochmals senken. Dazu macht die Erwärmung des Indischen Ozeans Probleme. Seegras braucht eigentlich kühleres Wasser, die zuletzt gemessene erhöhte Temperatur an der Küste Sansibars verlangsamt das Wachstum von Seegras. Für die Frauen von Bwejuu eine Katastrophe, die dem Weltmarkttreiben hilflos ausgeliefert sind. Der große Profit wird woanders gemacht. Und so bleibt ihnen nichts anderes übrig als alle zwei Wochen, wenn Ebbe ist, aufs Watt zu gehen. Was sollen sie auch sonst machen?
Although the project employs a tiny percentage of seaweed workers, I found it inspiring and visionary. Hoping that projects like these flourish to make the most of internal resources and local manpower.