Natürlich heißt Charly Charly. Einer wie er könnte auch kaum durchs Leben gehen, wenn man ihn Karl oder Karl-Heinz rufen würde. Charly mag Musik. Er mag auch Tanzen, die Frauen, die Kunst und die Muse. Es ist vielleicht so: Er liebt eben das Leben. Wenn man Charly trifft, und ich treffe ihn leider nicht so oft, dann muss man Zeit einplanen. Viel Zeit, vor allem nachts. Abende mit ihm und seiner wunderschönen Frau enden in der Regel spät, sehr spät. Manchmal nimmt er dann seine Gitarre und betört mit Stimme und Melodien.

Wie alt er ist, das weiß man gar nicht so genau, aber das ist auch nicht so wichtig. Man kann mit ihm heißblütig diskutieren, sich inbrünstig betrinken, oder einfach nur dasitzen, schweigen und in Verbindung sein.

Er hat einen kleinen Zopf, einen Ohrring, er raucht liebend gerne Pfeife und liebt das Essen. Dass er in Luzern lebt und das schon seit Jahren ist komisch. Denn Schweizer sind doch eigentlich nicht so wie Charly. Das stimmt. Er weiß das, deshalb ist er ja auch so gerne unterwegs. Er reist gerne, seine Frau auch. Und von den vielen Reisen bringt er spannende neue Geschichten mit.

Früher war Charly so etwas wie ein Notar, doch er redet nur selten über diese Zeit. Für ihn hat sie kaum einen Wert. Er hatte ein Leben ohne finanziellen Sorgen, ein Haus mit Blick auf den See und allen Annehmlichkeiten, die sich der Rest der Welt so wünscht. Damals war das Haben noch wichtiger als das Sein. Heute hat er keine finanzielle Garantie mehr, aber ein Leben mit Geschichten, an die er sich auch noch in 10 Jahren erinnern wird. Denn Charly arbeitet schon seit langem in einem Asylbewerberheim und hat großen Spaß an seiner Arbeit. Er will helfen, ist berührt von den Schicksalen und den Menschen, denen er begegnet. Er ist an ihnen interessiert, egal woher sie kommen.

Kennengelernt haben wir Charly und seine Frau in Phu Quoc, eine Insel, im Südwesten vor der Küste Vietnams. Mit Charly kommt man schnell ins Gespräch. Er ist lebendig, herzlich und lacht viel. Und kann wunderbar feiern. Wir haben auf Phu Quoc unsere intimsten Gedanken mit ihm geteilt, viel diskutiert. Über das Leben und dass wir doch alle nur dieses eine haben. Das zu wissen ist das eine, das zu leben etwas Anderes. Er tut es jedenfalls.

Als ich ihm von unseren Plänen für eine Weltreise erzählte, war er einfach nur begeistert. Ich war noch zögerlich, hatte Ängste, Bedenken vor all den Bedenkenträgern. Er sagte viele Sätze, die mir halfen. Einer hieß: „Halt dich fern von den Traumräubern.“ Ich fragte nach, was er meinte. „Geh deinen Weg, vertrau deinem Gefühl und schau, dass du alle jene meidest, die Einwände haben, dir nachweisen wollen, dass so eine Reise nicht nur positive Aspekte hat. Nein, suche Menschen, die dich bestärken, die an dich und deine Idee glauben. Das wird dir Mut und Energie geben.“

Traumräuber. Das Wort blieb hängen. Ja, in der Tat, ich fand einige in meiner Umgebung. Ich habe sie nicht alle gemieden, aber allein zu wissen, dass da wieder so einer vor mir stand, machte das Zuhören und Abwehren leichter. Anders sein. Sein Ding machen. Sich vertrauen. Unmögliches möglich machen. Ja, das geht. Wenn man will. Und Freunde wie Charly hat.

Während ich das schreibe sitze ich im Zug mit Nina nach Frankfurt, wo in drei Tagen die Weltreise startet. Es geht los. Endlich. Danke, Charly.

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