Acht Türen. Dahinter acht Löcher. Mehr gibt es nicht. Es sind die Toiletten einer ganzen Schule. Der Gestank im Häuschen mit den acht Plumpsklos ist übel. 700 Schüler gehen hier ein und aus. Waschbecken? Fehlanzeige. Seife? Gibt es nicht. Klopapier oder gar Tücher? Purer Luxus. Draußen vor dem Bau hängen zwei Wasserkanister an einer Holzkonstruktion, damit man sich die Hände wäscht. Doch sie sind leer an diesem Tag. Denn Wasser gibt es schon länger nicht mehr hier. Folgen des Erdbebens, das auch zehn der 14 Klassenzimmer zerstört hat.

Ein Klo von acht.

Ein Klo von acht.

Es ist 13.30 Uhr. Die Schüler der Zam Zam-Grundschule in Bukoba strömen aus den Klassenzimmern. Schulende. Viele der Kinder rennen eilig zu den WCs. In der Hand halten sie eigene Wasserkanister, die sie von zu Hause mitgebracht haben. Aber immerhin stehen die Toiletten noch. „Das hier sind schon besonders gute Bedingungen“, sagt Imani Paul (25), Projektmanagerin von Jambo Bukoba e.V. Der deutsch-tansanische Verein macht seit 2008 dank Spenden in der Region Kagera „Kinder durch Sport stark“. 720 Schulen und 370 000 Kinder erreichen sie mittlerweile mit ihrem speziell entwickelten Sportkonzept und sorgen damit für mehr Bildung und Aufklärung. Der Verein unterstützt darüber hinaus Schulen beim Bau von Toiletten und Klassenräumen. Denn viele der Projektschulen warten immer noch auf sanitäre Anlagen.

Schüler mit ihen Wasserkanistern.

Schüler mit ihren Wasserkanistern.

Wassertanks alleine reichen nicht

Doch saubere Toiletten und Wasser sind das eine, die Hygiene das andere. „Es langt nicht nur einfach Wassertanks aufzustellen oder schöne Toiletten zu bauen. Die Kinder müssen auch lernen, die Toiletten richtig zu benutzen, sich die Hände ordentlich zu waschen, denn die mangelnde Hygiene sorgt für viele Krankheiten und tötet immer noch viele Menschen in Tansania“, so Imani Paul, die seit zwei Jahren in Bukoba Projekte aufbaut und betreut.

Es ist eine Entwicklungshilfe, die nachhaltig sein will. Allzu oft denkt der Westen ja in europäischen Mustern. Der Transport von Technik oder Infrastruktur hilft aber nur selten. Ein Wasserhahn verhindert noch keine Krankheiten. Was bringt Seife, wenn sie keiner benutzt? Was Toiletten, wenn viele dennoch lieber im Freien ihre Notdurft verrichten? Dazu gibt es gar kein Bewusstsein darüber wie Infektionen übertragen werden.

25 Lehrer nehmen am Workshop teil.

25 Lehrer nehmen am Workshop teil.

Genau deshalb will Jambo Bukoba aufklären und hat aus diesem Grund zwei Experten aus Kenia von Wash-United nach Bukoba eingeladen. Sie halten zusammen mit Jambo Bukoba einen Workshop ab zum Thema Händewaschen. Für Lehrer. 25 sind gekommen. Auch die Lehrer wollen sich erst einmal  aufklären lassen, worauf bei einer guten Hygiene wirklich zu achten ist und wie so etwas den Kindern am besten zu vermitteln ist. Beverly Mademba von Wash-United sagt: „Wir wollen das Verhalten ändern. Die Kinder sollen ins Loch pinkeln, nicht an die Wand. Sie sollen sich Hände waschen, um nicht krank zu werden.“

Viele Tansanier sterben infolge von Infektionskrankheiten

Die Zahlen zu den Infektionskrankheiten, die über fehlende Hygiene entstehen, sind alarmierend. Tausende von Tansanier sterben immer noch infolge von Magen-Darm-Krankheiten, gerade Kleinkinder. Diese Krankheiten sind auch ein Grund für die Unterernährung und Tod. Ein Drittel der Unter-Fünfjährigen stirbt infolge von fehlender Hygiene. Umso wichtiger, Quellen für die Ansteckung auszutrocknen, Bewusstsein für die Gefahr der Ansteckung durch mangelnde Hygiene zu schaffen. Nur 20 Prozent der Tansanier waschen ihre Hände vor der Essenszubereitung.

Berverly Crabemba von Wash-United beim Vortrag.

Berverly Mademba (links) von Wash-United und Imani Paul von Jambo Bukoba beim Vortrag.

Es gilt Wissen zu vermitteln. Denn das richtige Händewaschen kann bis zu 50 Prozent der Magen-Darm-Infektionskrankheiten verhindern. „Doch Wissen allein langt nicht, um das Verhalten zu ändern“, sagt Mademba. Ein Lehrer erzählt: „Für die Kinder ist sauberes Wasser derart wertvoll, dass sie es ausschließlich zum Trinken nehmen. Das für die Hände zu benutzen, auf die Idee kommen sie erst gar nicht.“

Lehrer üben das richtige Händewaschen

Die Lehrer wollen an diesem Tag ebenfalls üben, wie man sich korrekt die Hände wäscht. Ein Trog mit Seife und Wasser geht um. Handknöchel, Fingerkuppen- und nägel, aber auch der Handrücken müssen eingeseift werden. Auch für uns ist das sehr lehrreich. Nicht nur das. Zu sehen, an wie vielen Stellen eines Tages wir Menschen uns mit Erregern infizieren können, ist eigentlich profan, doch sehr lehrreich.

Die Lehrer beim Händewaschen.

Die Lehrer beim Händewaschen.

Es sind kleine, aber wichtige Schritte der Aufklärung, die hier in Bukoba passieren.

Draußen vor dem Gebäude probieren die Lehrer in Gruppen verschiedene Spiele aus, um den Schülern das Wissen für die Hygiene spielerisch beizubringen. Fünf Plastiklappen, die Plumpsklos nachgezeichnet sind, werden ausgelegt. Ein Lehrer singt, sechs andere tanzen um die Lappen herum. Bei einem Kommando muss sich jeder „sein“ Klo suchen und richtigherum draufsetzen. Reise nach Jerusalem, mal in einem ganz anderen Zusammenhang. Der Spaß und das Lachen sind groß. Wichtig, damit die Kinder lernen und dabeibleiben. Denn gerade die Kinder sind als „change agents“ in den Familien wichtig. Sie sollen das Gelernte nach Hause tragen, Eltern und Geschwister auf die Problematik aufmerksam machen.

Die Lehrer bei der Praxis der Übungen.

Die Lehrer bei der Praxis der Übungen.

Doch der Weg ist weit. Ein Lehrer sagt: „Die Behörden haben so wenig Geld. Da gibt es keine Priorität fürs Händewaschen oder den richtigen Toilettengang. Wir brauchen die Unterstützung der Ministerien, doch die meisten Schulen haben ja noch nicht mal fließenden Wasser.“

In Bukoba ist der Workshop an diesem Tag aber ein voller Erfolg. Als es Essen gibt, strömen die Lehrer in die Kantine. Vor der Essensausgabe bleibt es dennoch leer. Die Lehrer stehen Schlange – doch heute vor dem Waschbecken, um sich die Hände zu waschen.

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