Wir begegnen Benitho zufällig, ungewollt. Es ist ein Sonntagnachmittag in Bukoba und alles geht noch ein wenig gemächlicher wie sonst zu in der Kleinstadt. Nina und ich sitzen in einer Strandbude direkt am Victoria-See, als ein gegrillter Barsch am Nebentisch unsere volle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Der Besitzer zeigt sich nicht gestört. „Please, have a look“, sagt der Mann, der sich als Benitho vorstellt. Wir kommen sofort ins Gespräch.
Der Mann ist Tansanier, lebte neun Jahre am Comer See in Italien, dann auch kurz in Berlin. Seit geraumer Zeit lehrt der Ingenieur nun als Universitätsprofessor in Daressalam. Er ist in Bukoba, um im Auftrag der Regierung vom Erdbeben zerstörte Gebäude zu untersuchen. Fünf Minuten reden wir, ohne dass der lecker zubereitete Fisch angerührt wird. Wir bestehen darauf, dass Benitho nun erst mal seinen Fisch verspeist. Danach diskutieren wir als ob wir uns schon Jahre kennen würden.
Es sind diese Art von Treffen, die das Reisen besonders wertvoll und spannend machen. Man begegnet sich, spürt eine Wellenlänge, obwohl die einzelnen Lebensgeschichten doch so unterschiedlich sind. Benitho ist jemand, der sich viele Gedanken macht. Über sein Land, den Menschen, das Leben. Er ist offen, unterhaltsam und weiß eine Menge. Besonders die Psychologie und alternative Heilmethoden interessieren ihn. Die Probleme in Tansania, so glaubt er, hätten viel damit zu tun, dass die Menschen sich nicht öffnen könnten, so sagt er. Für Psychologie sei in Tansania kein Platz, bedauert er. Probleme fresse man in sich hinein, auch weil der familiäre Druck keine Schwäche zuließe. „Die Menschen müssen ihre Rolle ausfüllen, werden krank, doch sie bekommen nur Medikamente statt ein offenes Ohr.“ Er findet es toll, dass in Europa die Menschen für Coaching und persönliche Beratung offen seien. Klar, dass Nina ihn als psychologischer Coach beeindruckt. Aber auch wir lernen eine Menge an diesem Nachmittag. Beispielsweise, dass Wassermelonen eine Menge der Aminosaüre Citrullin enthält, die umgewandelt gefäßerweiternd wirkt und somit gut gegen Herzinfarkt und Schlaganfall helfen. Wir staunen. Aber auch, dass der Preis für Zement in Bukoba doppekt so hoch ist wie in der Hauptstadt, erfahren wir. Deshalb baue man die meisten Häuser in Bukoba ohne Zement, so Benitho. Die Folgen dieses Ungleichgewichtes konnte man leider beim Erdbeben sehen, als viele Häuser in sich zusammenstürzten.
Eisdiele in Daressalam
Doch Benitho ist nicht nur interessiert an philosophischen Gedanken, Architektur oder Medizin. Nein, er betreibt in Daressalam auch die einzige italienische Eisdiele, wie er selbst sagt. Organisch und Bio noch dazu. Italienisch ist es durch und durch. Schließlich hat der 41-Jährige in Como das Eismachen gelernt, von dort drei Eismaschinen und die Rezepte mitgebracht. Dazu bekommt er regelmäßig Aufbautraining, wenn ihn seine italienischen Freunde in Daressalam besuchen. Limone und Mango seien die Bestseller, erzählt er.
Er erklärt uns am Tisch, wie das Eismachen genau funktioniert, als ich plötzlich lachen muss. Als Benitho und Nina aufschauen, sage ich: „Es ist einfach zu lustig. Ich sitze im Norden Tansanias in einer Kleinstadt am Victoria-See und ein Tansanier aus Daressalam erklärt mir, wie italienisches Eis gemacht wird. Unglaublich.“ Die Welt ist eine, oh ja. Und wer die Augen und Ohren offen hält, bekommt das auch mit. Wer also demnächst mal nach Daressalam kommt, der sollte unbedingt das „Kili-Gel“ (Abkürzung von „Kilimandscharo-Gelateria“) besuchen. Wir sind auf jeden Fall fest verabredet. Auf ein Eis in Daressalam.
Mounir, wie du es schon geschrieben hast: genau das ist doch das „Weltreisen“!!! – Solche Menschen treffen, Verbindungen spüren, sich austauschen und wenn es um die Herstellung von Eis geht, die ihr „erlernt“ :-)! Ich finde es super, dass es so was überhaupt dort gibt. Coole Sache – buchstäblich.
nee, Eis würde ich bei Benitho nicht kaufen, aber eine Wassermelone tät mich eher reizen, schade, dass ich ihn nicht mehr kennen lernen werde. Wie vielfältig er sich beschäftigt und seine Talente nutzt!