Es ist so ein Moment, der einen nicht mehr loslässt, an den man sich auch noch in vielen Monaten, ja manchmal auch Jahren noch zurückerinnern wird. Man sucht diese Momente auf Reisen, ja eigentlich im Leben insgesamt. Und plötzlich ist er da. Unverhofft. Überraschend. Überwältigend.

Kolossaler Blick in das Tal.

Kolossaler Blick in das Tal.

Wir sind in der Umgebung von Hampi, einem kleinen Ort im Inneren des Bundesstaates Karnatakka, der die Tempelruinenstadt Vijayanagar beherbergt. Doch abgesehen von den Resten des einstigen Hindu-Königreiches ist es vor allem die Natur, die einen gefangen nimmt. Wir sind mit dem Roller unterwegs, biegen spontan ab, um einem Hinweisschild für einen Tempel zu folgen. Der Fußweg danach zieht sich. Viele Male überlegen wir auf dem beschwerlichen Anstieg umzukehren. Die Mittagshitze ist beinahe unerträglich. Kaum ein Mensch kreuzt unseren Weg, doch wir steigen immer weiter hinauf. Wir lassen den Tempel schließlich rechts liegen und gehen weiter. Ein unbestimmtes Gefühl treibt uns voran und nach oben.

Ein Anblick, der still machte.

Ein Anblick, der still machte.

Und dann auf einmal schauen wir ins Tal. Eine unglaubliche Ruhe kommt über uns. Wir sind alleine. Der Wind frischt auf und wir lassen uns nieder. Der Anblick bedeutet Akkordarbeit für unsere Augen, die den paradiesischen Anblick kaum verarbeiten können. Wir sehen weit unten üppige grüne Bananen- und Reisfelder, die von scheinbar endlosen kleinen Flüssen gespeist werden und inmitten gewaltiger rotbrauner Kalksteinfelsen und Hügel liegen. Eine Farbenmischung, die sich kein Maler besser hätte ausdenken können. Dazu sind überall Ruinen des alten Königreiches aus dem 16. Jahrhundert zu erkennen. Manche der Hügel bestehen aus abertausenden von größeren Steinen, die eine scheinbar unbekannte Kraft aufeinandergetürmt hat.

Nina vor gewaltiger Kulisse.

Nina vor gewaltiger Kulisse.

Die Stille und die Schönheit der Natur machen uns sprachlos. Wir kosten den Moment aus, wohlwissend, dass er so schnell gehen kann wie er gekommen ist. Das Gefühl ist schwer und doch einfach zu beschreiben. Wahrscheinlich ist es das, was man gemeinhin als „glücklich sein“ bezeichnet. Wie ein ängstliches Kätzchen kommt es um die Ecke, um sich sogleich wieder zurückzuziehen. Wie lange es bleibt, ist unvorhersehbar. Wärme breitet sich aus, man fühlt sich geborgen, eins mit dem, was die Natur um einen herum erschaffen hat. Alles ist gut und für einen Augenblick glaubt man tatsächlich, dass das immer so bleiben wird. Der Kopf ist leer. Man ist da. Ganz und gar. Und dann ist dieses große Gefühl weg. Zack. Wir fangen wieder an zu reden, machen Fotos, laufen herum. Doch das Erlebte wirkt nach. Das Gefühl ist weg, doch die Wärme ist geblieben.

Wieder unten: Reisfeld mit Ruine.

Wieder unten: Reisfeld mit Ruine.

Wir sind danach zu keinen Erkundungstouren mehr fähig. Wir fahren in unsere Unterkunft. Fühlen uns reich beschenkt. Wir wissen nicht, ob der Platz auf dem Hügel zu den schönsten rund um Hampi zählt. Wir wissen noch nicht einmal, wie der Tempel heißt. Es ist egal. Wir sind dankbar für die Erfahrung.

Der Blick am Fluss auf Hampi und seine Ruinen.

Der Blick am Fluss auf Hampi und seine Ruinen.

Mal wieder merken wir, dass es beim Reisen nicht darum geht, die tollsten Sehenswürdigkeiten zu sehen. Es geht nicht darum, die scheinbar „best-of-Erlebnisse“ abzuhaken, sondern sich treiben zu lassen, auf sein inneres Gefühl zu hören. Denn weniger kann mehr sein.

Der Viyattha-Tempel.

Der Vitthala-Tempel.

Die Tage danach sind voll von schönen Anblicken. Tempel, Ruinen, Flussläufe, alles Hingucker. Doch das Gefühl, als wir da oben, alleine auf dem Hügel saßen, will sich nicht mehr einstellen. Die Magie des Lebens lässt sich nicht einplanen. Und irgendwie ist das auch gut so.

Wunderschöne Felder im Tal.

Wunderschöne Felder im Tal.

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